Der 12. Hamburger Stadtteilkulturpreis wurde am 19. Mai in einer festlichen Veranstaltung vor rund 300 Gästen in der Patriotischen Gesellschaft an das Projekt KLASSENTAUSCH des Forschungstheaters im FUNDUS THEATER verliehen. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. Der mit einem Preisgeld von 3.000 Euro versehene Ideenpreis Stadtteilkultur ging an FlüchtLINK, eine Projektidee des LUKULULE e.V.
Im Mittelpunkt des stimmungsvollen Festakts standen die beiden Gewinnerprojekte. Unter den Gästen im Reimarus-Saal der Patriotischen Gesellschaft waren neben Vertretern der Stadtteilkultur und der nominiertem Projekte zahlreiche hochrangige Vertreter aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Kultur, die von der Moderatorin Birgit Hasselbusch durch die Veranstaltung geführt wurden.
Ein Kurzfilm des Filmemachers Martin D’Costa stellte das Gewinnerprojekt des Stadtteilkulturpreises vor, dessen Initiatoren den Preis aus den Händen der Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler erhielten. Die Laudationes für die beiden Gewinnerprojekte hielten Prof. Dr. Gesa Ziemer (HafenCity Universität) und Prof. Dr. Gesa Birnkraut (Birnkraut Partner). Zusammen mit der Journalistin Annette Stiekele hatten sie die beiden Preisträger aus einer Vorauswahl der Preisstifter ermittelt.
Preisstifter und Unterstützer der beiden Preise sind die Hamburgische Kulturstiftung, die Gabriele Fink Stiftung, die Patriotische Gesellschaft von 1765 und die Kulturbehörde Hamburg. Die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. unterstützt die Umsetzung. STADTKULTUR HAMBURG, der Dachverband für lokale Kultur und Kulturelle Bildung, ist als Experte und Szenekenner für Konzeption und Durchführung des Wettbewerbs zuständig.
Die Gewinnerprojekte
Die Jury beurteilt das Projekt KLASSENTAUSCH als besonders preiswürdig, da es die unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Voraussetzungen der Kinder sehr verschiedener Stadtteilen thematisiert. Die Idee, Kinder aus sehr unterschiedlichen Stadtteilen für einen Tag ihr Leben und so die Perspektive tauschen und nach einer intensiven Auseinandersetzung auf die Bühne bringen zu lassen, bewertet die Jury als einfach, aber wirksam und innovativ.
Besonders nachhaltige Effekte sieht die Jury darin, dass Kinder als Multiplikatoren ihre Erfahrungen in die Familien, in die Stadtteile und in die Stadt transportieren. Die Jury betont außerdem den Modellcharakter des Projekts, das sich über Hamburg hinaus weltweit übertragen lässt und durch den hohen Grad an Vor- und Nachbereitung der Kinder als Vorbild für internationalen Austausch fungieren kann. Mit der Vergabe des Stadtteilkulturpreises an das Projekt Klassentausch des Forschungstheaters im FUNDUS THEATER möchte die Jury die Weiterführung und die Skalierung dieses herausragenden Projektes sichern.
Im Projekt KLASSENTAUSCH tauschten im Oktober 2014 eine Klasse der Grundschule Ahrensburger Weg in Volksdorf und eine Klasse der Grundschule Appelhoff in Steilshoop einen Tag lang die Plätze und durchlebten – betreut vom Team des Forschungstheaters – jeweils den Alltag der anderen Klasse in deren Schule und deren Stadtteil.
Die Projektidee FlüchtLINK thematisiert die aktive Gestaltung einer Willkommenskultur für junge Flüchtlinge. Sie zeigt – so die Begründung der Jury – Kultur als geeignetes Instrument auf, um kulturelle Teilhabe und Vernetzung der Flüchtlinge in eine Gruppe Gleichaltriger und in den Stadtteil zu ermöglichen. Durch die regelmäßigen Treffen, die über einen längeren Zeitraum stattfinden, können nachhaltige Strukturen geschaffen und Kontakte geknüpft werden.
Die Jury hebt besonders das interkulturelle Training hervor, das teilnehmende Jugendliche im Vorfeld von einer Ethnologin erhalten, da es eine wichtige Basis für eine fundierte Auseinandersetzung schafft. Auch hier ist hervorzuheben, dass das Projekt gut skalierbar ist und als Vorbild für andere Stadtteile gelten kann. Im Projekt sollen junge Flüchtlinge mit Gleichaltrigen aus Hamburg zusammengebracht werden: Zum einen werden Workshops für junge Flüchtlinge und engagierte Jugendliche angeboten, zum anderen werden sie in das soziale Leben des Vereins und des Stadtteils eingebunden.
Das Auswahlverfahren
Vom Anfang Dezember 2014 bis Ende Januar 2015 konnten sich freie Träger der Kulturarbeit und Einzelpersonen, die sich in der Stadtteilkulturarbeit in Hamburg engagieren, für beide Preise bewerben. In der Vorauswahl für die Jury nominierten die Preisstifter und Unterstützer neben dem jetzt ausgezeichneten Projekt Klassentausch weitere neun herausragende Projekte der Stadtteilkultur für den Hamburger Stadtteilkulturpreis (in alphabetischer Reihenfolge): Altona macht Geschichte! 2014 des theater altonale, Bauen mit Lehm für Groß und Klein von Bunte Kuh e.V., Grünanteil.net von Grünanteil.net / MOTTE e.V., KIKU – Kinderkulturhaus des LOLA Kulturzentrums, Klangstrolche der Stiftung Kultur Palast Hamburg, Kunstklinik MARTINI44 des Kulturhaus Eppendorf / crazyartists / Martinierleben, Projekt NISCHENGOLD des Goldbekhaus, Stadtteilwelten des Kulturpunkt Dehnheide e.V. und Der verwunschene Park des Goldbekhaus.
Der Hamburger Stadtteilkulturpreis wurde 10 Jahre lang an herausragende lokale Kulturprojekte vergeben. 2012 ist der Preis in eine kreative Pause gegangen und kehrte im vergangenen Jahr mit einem erneuerten Stifterkreis, einem neuen Bewerbungs- und Auswahlverfahren, einem attraktiveren Preisgeld und dem neuen Ideenpreis Stadtteilkultur in die Hamburger Kulturlandschaft zurück.