Hamburger Kulturzentren und Initiativen der Stadtteilkultur sind als verlässlicher demokratischer Partner unverzichtbar für das Gemeinwesen in der Stadt. Sie sind kulturell, religiös und politisch unabhängig und deshalb starke Netzwerk-Knoten für die Aufgaben der Zukunft.
Sie verbinden Kulturen, schaffen Teilhabe statt Ausgrenzung, erfüllen demokratische Werte mit Leben und fördern konstruktive Diskurse. Die Hamburger Stadtteilkultur ermöglicht breite Zugänge zu kultureller Bildung und eröffnet damit Wege zu einer inklusiven Gesellschaft der Vielfalt, die jede und jeder mit eigenen Stärken, Interessen und Welt-Sichten mitgestalten kann.
Transkulturelle und interkulturelle Arbeit sind jahrelange erfolgreiche Praxis in den Einrichtungen der Stadtteilkultur. In den Quartieren sind sie Experten für die Bedürfnisse der Menschen und nah an Problemlagen und Stimmungen in den Milieus der Stadtteile. Stadtteilkultur hat vielfältige Strategien entwickelt und lange erprobt, um Menschen unterschiedlichster kultureller Herkunft, Altersgruppen, Bildungsstände, Religionen zusammen zu bringen. Die kulturelle Praxis fördert ein Zusammenleben auf der Grundlage demokratischer und freiheitlicher Werte und entwirft eine Gesellschaft der Mitgestaltung und des gelingenden Miteinanders.
Um diese Potentiale für die Stadt zu nutzen, muss die Stadtteilkultur jetzt strukturell deutlich besser ausgestattet werden. Die Stärkung der Stadtteilkultur ist eine wichtige Investition in die Zukunftsfähigkeit einer weltoffenen, internationalen Stadt, und deren Lebensqualität – für alle darin lebenden Menschen und für die Besucher.
Gegenwärtig befindet sich die Stadtteilkultur in einer existenzbedrohend schwierigen Lage. Die Zuwendungen sind seit 2009 auf niedrigem Niveau gleich blieben, die steigenden Kosten lassen kaum mehr Luft zur Entwicklung innovativer notwendiger Angebote. Die Suche nach weiteren Finanzquellen und die Verwaltung des Mangels binden zusätzliche Kräfte.
Der Dachverband STADTKULTUR HAMBURG hat deshalb die aktuelle finanzielle Lage der Stadtteilkultur erhoben und die sich daraus ableitenden Forderungen zusammengestellt. Die auf der folgenden Seite genannten Bedarfe sind jedoch nur die Spitze des Eisberges, der sich in den letzten
Jahren unter dem Meeresspiegel der öffentlichen Förderung gebildet hat. Darunter liegen auch Initiativen, die gemäß Globalrichtlinie Stadtteilkultur förderberechtigt wären, aber keine Förderung erhalten, darunter liegen auch die Geschichtswerkstätten und Projekte, relativ neue Einrichtungen wie das Gängeviertel und große, etablierte Institutionen der Stadtteilkultur wie die Bücherhallen und viele andere, die eine wichtige und wirkungsvolle Arbeit machen und die dringend Unterstützung brauchen.
Die Stadtteilkultur kann nur weiter wirken und ihre wachsenden Aufgaben bewältigen, wenn die Stadt sie mit ihren großen Problemen nicht im Regen stehen lässt und sich finanziell klar zur Bedeutung der Stadtteilkultur für den Zusammenhalt der Gesellschaft bekennt.
Stadtteilkultur auf allen Ebenen stärken!
Potentiale der Stadtteilkulturzentren stärken, Existenzbedrohung abwenden
Die Rahmenzuweisung Stadtteilkultur ist seit 2009 nicht erhöht worden, alle Kosten sind deutlich gestiegen – im Schnitt um 3,5% jährlich. Bis zum Ende des Haushaltes ergibt das einen Mehrbedarf von 1,8 Millionen Euro. Um die besonderen Bedarfe der Stadtteilkulturzentren zu decken, die durch höhere Betriebskosten, Sicherheitsauflagen etc., mehr Personal und neue Aufgaben und für die Verstetigung langjähriger erfolgreicher Projekte entstanden, ist eine weitere Erhöhung der Rahmenzuweisung um 2,1 Millionen notwendig.
Insgesamt braucht die Stadtteilkultur deshalb eine Erhöhung der Rahmenzuweisung um mindestens 3,9 Millionen Euro. Künftig muss dann eine weitere Anpassung an Kostensteigerungen und erhöhte Bedarfe regelmäßig erfolgen. Erst mit der Absicherung der Basisförderung kann die Stadtteilkultur den gesellschaftlichen Herausforderungen begegnen und wachsende Aufgaben erfüllen.
Stadtteilkultur als Ganzes unterstützen und ausbauen
Auch andere Einrichtungen und Initiativen der Stadtteilkultur befinden sich in prekärer Lage. Auf eine kurze Abfrage des Verbandes meldeten bisher fünf Organisationen einen Mehrbedarf von bereits ca. 400.000 Euro an. Eine Reihe von Initiativen in den Quartieren steht außerdem in den Startlöchern und benötigt dringend Unterstützung. Hier muss eine umfassendere Bestandsaufnahme und entsprechende Förderung erfolgen.
Quartiersfonds für stadtteilkulturelle Arbeit mit Geflüchteten nutzen
Für zusätzliche Stellen in den Stadtteilkulturzentren und Bürgerhäusern, die die wachsenden Aufgaben durch Zuwanderung zu bewältigen helfen und unbürokratisch nutzbare Fördertöpfe für kulturelle Projekte mit Geflüchteten und anderen Benachteiligten müssen eigene Mittel bereitgestellt werden. Diese Fördertöpfe müssen allen offen stehen, die herausragende Arbeit im Feld leisten. Dafür müssen 50 Prozent der Mittel aus dem erhöhten Quartiersfonds in den Bezirken bereitgestellt werden.
Kulturelle Bildung und Schule verbinden
Die Rahmenvereinbarung Kultur und Schule muss neu verhandel werden – einschließlich Einrichtung eines Fonds in Höhe von 1,5 Millionen Euro, der aus Kulturbehörde, Schulbehörde und Sozialbehörde finanziert wird und unter der Schirmherrschaft der Kulturbehörde steht. Der Fonds sollte den Ganztagsschulen zur Kofinanzierung von Projekten kultureller Bildung mit außerschulischen Partnern zur Verfügung stehen, um die kulturelle Bildung dem Sport gleichzustellen und zu Berlin mindestens aufzuschließen (dort gibt es einen entsprechenden Fonds mit 2 Millionen Euro).
Dachverband stärken, Infrastruktur und Technik auf dem Laufenden halten
Die Förderung für den Dachverband muss an die Kosten- und Tarifentwicklung seit 2003 , dem Zeitpunkt der letzten Erhöhung, um 17.000 Euro angepasst werden. Zusätzlich bedarf es einer weiteren Aufstockung um 25.000 Euro zur Bewältigung der wachsenden öffentlichen Aufgaben eines dynamischen und stadtweit wirkenden Verbandes.
Zur Weiterentwicklung von zeitgemäßen Softwarelösungen im Veranstaltungsmanagement und Umsetzung von Apps werden außerdem einmalig Mittel in Höhe von 41.000 EUR benötigt.
Investive Maßnahmen: Sanierungen ermöglichen
Für die Sanierung maroder oder zu klein gewordener Stadtteilkulturzentren werden laut einer Abfrage des Dachverbandes aktuell mindestens 5,7 Millionen Euro benötigt.
Gemeinschaftsaufgaben brauchen behördenübergreifende Fördertöpfe
Neue Finanzierungszugänge zur strukturellen Absicherung neu entstehender Aufgaben werden benötigt. Hier sind u.a. die BSB, BSU und BASFI gefragt. Stadtteilkultur trägt entscheidend bei zu kultureller Bildung in Schule, unterstützt die Stadtentwicklung, fördert Bildungszugänge,
Teilhabe, soziale Entwicklung, Integration und Inklusion, stärkt Bürgerschaftliches Engagement. Sie reicht in ihrer Wirkung damit deutlich über den Aufgabenbereich der Kulturbehörde hinaus.
Etat für den Kulturhaushalt erhöhen
Für eine Metropole wie Hamburg reicht ein Leuchtturmprojekt wie die Elbphilharmonie nicht aus. Die kulturelle Strahlkraft zeigt sich erst mit der flächendeckenden Kultur für alle in der gesamten Stadt. Deshalb: Keine Umverteilung von Mitteln, sondern Erhöhung des Kulturetats – denn Kultur ist in allen Formen von herausragender Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft.