Fair statt prekär: „Wir müssen offen bleiben“ – Interview mit drei Geschäftsführer*innen

Um die Finanzierung geht es in der Stadtteilkultur, seit es sie gibt. Die drei Geschäftsführer*innen Michael Wendt (MOTTE), Ann-Christin Hausberg (Bürgerhaus Barmbek) und Klaus Kolb (Kunstklinik) erleben seit vielen Jahren, wie sich die Verhältnisse in Hamburg entwickeln. Mit dem stadtkultur magazin haben sie über ihre Anfänge, Tarifsteigerungen, Eingruppierungen und den anstehenden Generationswechsel gesprochen. Sie haben Probleme und Herausforderungen geschildert – und mögliche Lösungen skizziert. Das komplette Interview können sie ab dem 23. September 2019 im stadtkultur magazin lesen.

Interview: Klaus Irler

Ann-Christin Hausberg, Klaus Kolb und Michael Wendt, Foto: Klaus Irler

stadtkultur magazin: Wie lange seid ihr schon in der Stadtkultur tätig?

Ann-Christin Hausberg: Seit 1987. Da haben wir den Verein gegründet, aus dem das Stadtteilkulturzentrum in Bergedorf entstanden ist. Wir waren fachlich bunt gemischt und haben ehrenamtlich gearbeitet. Wir mussten ja das Stadtteilkulturzentrum erstmal gründen und entwickeln. Bezahlt tätig war ich seit 1990. Im Jahr 2000 wurde ich dann Geschäftsführerin im Bürgerhaus in Barmbek.

Michael Wendt: Ich gehöre zur zweiten Generation und bin jetzt 25 Jahre in der MOTTE. Ich habe davor Volkswirtschaft studiert und war zehn Jahre in einem Versicherungsbetrieb als Versicherungskaufmann und Programmierer tätig. Diese Erfahrung war genau das, was damals in der Motte gefragt war.

Klaus Kolb: Ich habe Soziologie studiert und war danach arbeitslos. Dann bin ich 1985 in einen Verein zur Gründung eines Stadtteilkulturzentrums in Eppendorf eingetreten. Da habe ich ehrenamtlich mitgemacht und mir 1987 eine eigene ABM-Stelle geschaffen. Am Anfang war es eine halbe Stelle, Anfang der 90er wurden es 30 Stunden. Das reicht eigentlich nicht, um so einen Laden zu führen. Das ist aber bei unseren anderen Kolleginnen und Kollegen nicht anders.

[…]

stadtkultur magazin: Die Stellendotierungen in der Stadtteilkultur orientieren sich meist am Tarif des öffentlichen Dienstes – Tarifsteigerungen eingeschlossen. Was ist das Problem?

Ann-Christin Hausberg: Die Eingruppierungen der Jobs. Außerdem ist es so, dass mit den Tarifsteigerungen nicht automatisch die Förderungen der Institutionen erhöht werden. Also müssen wir Stunden abbauen. Die Tarifsteigerungen gehen zu Lasten der Stellenumfänge – so war es bisher immer, wenn wir den Tarif angepasst haben. Entweder haben wir dann noch ein paar mehr unbezahlte Überstunden gemacht oder wir mussten Inhalte streichen.

„Wir brauchen eine Ausweitung der Förderung. Und wir brauchen natürlich höhere Eingruppierungen. Allein um den Stand zu halten, muss es mehr Geld geben.“

Klaus Kolb

Klaus Kolb: Für die Kunstklinik ist der sogenannte Quartiersfonds ein Rettungsanker geworden. Wenn wir den nicht hätten, um zumindest kleinere Basisaktivitäten in Richtung Personalkosten zu unterstützen, dann käme ich mit dem Haushaltsplan überhaupt nicht hin. Dann würden Stundenkürzungen nötig, die wir aber überhaupt nicht gebrauchen können. Wir brauchen eine Ausweitung der Förderung. Und wir brauchen natürlich höhere Eingruppierungen. Allein um den Stand zu halten, muss es mehr Geld geben.

Michael Wendt: Ich baue seit 25 Jahren in meiner geschäftsführenden Tätigkeit Personalstunden ab. Das betrifft die Personalstunden, die durch die institutionelle Förderung finanziert werden. Gleichzeitig haben sich unser Personalstamm und die Aufwendungen für Personal verdoppelt. Das ging über die Projektmittel, die wir über andere Wege akquirieren. Sie ermöglichen, komplex aufgestellt zu bleiben. Aber das Individuum leidet darunter.

Klaus Kolb: Zugespitzt formuliert steht hinter dem Problem die Frage, ob wir ein selbstverwalteter Betrieb sind oder öffentlicher Dienst, wo die Tariferhöhungen immer automatisch bezahlt werden. Aber wir sind weder das eine noch das andere. Die Frage ist, ob dieses Zwitter-System für die nächste Generation noch funktioniert. Diese Frage stellen die jüngere Leute: Die wollen wissen, woran sie sind. Und wenn Sie auch ein bisschen Freizeit haben wollen, dann sind sie nicht bereit, so viel Ehrenamt reinzustecken, wie wir Gründer zum Teil reingesteckt haben.

[…]

stadtkultur magazin: In euren Häusern steht jeweils ein Generationswechsel auf der Leitungsebene an. Wie kommt ihr an Nachfolgerinnen oder Nachfolger, die für eure Jobs geeignet sind?

Klaus Kolb: Ich glaube, dass das kein großes Problem sein wird. Wenn man Stellenausschreibungen in der Stadtteilkultur macht, werden sich Leute bewerben. Ein Problem sehe ich in meiner Stellenkonstruktion: Ich habe 30 Stunden und in diesen 30 Stunden muss man die Arbeit auch schaffen können. Ich kann ja keine Stelle ausschreiben und sagen: „Da sind aber zehn unbezahlte Überstunden drin – Pech gehabt.“ Also muss ich in den nächsten zwei Jahren eine Struktur entwickeln, die auch funktionieren kann für eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger.

stadtkultur magazin: Wie?

Klaus Kolb: Ich denke, wir müssen meine Stelle auf eine Vollzeitstelle aufstocken und dafür irgendwo das Geld herbringen oder in anderen Bereichen einsparen. Ich glaube, es wäre ansonsten eine ziemlich ungerechte Geschichte, einer verantwortlichen Person einen prekären Arbeitsplatz zu hinterlassen.

[…]

stadtkultur magazin: Dank an euch für das Gespräch!

Das komplette Interview finden Sie im stadtkultur magazin Nr. 48 „Fair statt perkär“.

stadtkultur magazin 48: Fair statt prekär

stadtkultur magazin Nr. 48: Fair statt prekär

Das stadtkultur magazin zur Tarifgerechtigkeit können Sie jetzt schon online lesen. Das gedruckte Heft wird ab dem 25. September 2019 an alle Abonnent*innen versendet. In den Fachinformationen wurden in dieser Woche fünf Artikel aus dem Heft vorab veröffentlicht.

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