Papiripar verwirbelt auch in seiner zweiten Ausgabe vom 3. bis 6. Oktober 2019 experimentelle Popmusik, Kunst, Film und Performance. Die Pop-Schublade wird transformiert, in alle Richtungen gedehnt, gesprengt und unsortiert zurückverwandelt. Hier treffen Musikfans auf Kunstfreaks, Tresenphilosophen auf Tanzgiraffen, Lärm auf lautere Gesänge. Übersprungshandlungen überbrücken die Lücken zwischen den Disziplinen, wenn es heißt: “Mehr Kunst in die Musik, mehr Musik in die Kunst!”
Auch dieses Jahr tummeln sich wieder viele internationale Künstlerinnen und Künstler in der Arena der Asymmetrie: Das Duo Graw Böckler produziert Filme und Fotoserien, deren subversives und humorvolles Potential in den Bordsteinritzen des widerspenstigen Lebens blüht. Ihre Protagonisten schwimmen in Pfützen ramponierter Großstädte, rotieren in Loops oder drehen unautorisierte “publicity clips” für Großkonzerne. Georg Graw und Ursula Böckler betreiben in Berlin ihren eigenen Kunstraum garage. Für Papiripar kollaborieren sie mit dem musikalischen Multitalent Paul Arámbula und der Musikerin, Hörspielmacherin und Fotografin Anadol – sowie weiteren lokalen Nachtschattengewächsen. Marc Matter + Stefan Römer verfremden in ihrem Projekt “Deconceptual Voicings” Interviews mit renommierten Persönlichkeiten der Concept Art, indem sie diese durch Sampling-Technik zu ornamentalen Musik-Miniaturen ausbauen. Die aus Brüssel stammende Musikerin, Videokünstlerin und Performerin Céline Gillain vermischt Sci-fi-feministisches Sprechtheater mit dystopisch-brüchiger Popmusik. Bei den beiden Hamburger Musikprojekten L.F.T. und Rosaceae kreuzen sich Noise, Acid und Electro mit Schreien aus dem Krisen-Karzer. John T. Gast, ein rätselhafter Soundtüftler aus London, dessen Musik aus dem Nebeldickicht trüber Tage hervorblitzt, schockiert und verzaubert uns mit irrlichternden Industrie-Gewittern. FM Aether hat mehr Arme als ein Molch und baut Tanzmusik mit manipulierten Audio-Tapes. Durch ekstatisch-entrückte Bewegung ihres Körpers, ihrer Stimme, ihrer Lunge überbrückt die New Yorker Multiinstrumentalistin Ka Baird spirituelle und physische Wahrnehmungsgrenzen. Aaron Dilloway, Gründungsmitglied der legendären Noise-Gruppe Wolf Eyes, wühlt in Bändern, verschluckt Mikrofone und gerät dabei in glühenden Lärm-Hospitalismus. Das schillernde Synth-Punk-Monster La Chatte, dessen Sängerin Vava Dudu in Frankreich als exzentrische Modeschöpferin (Peaches, Lady Gaga) gefeiert wird, setzt wütend die Scherben zerbrochener Flaschen zusammen. Instrumentenbauer Gijs Gieskes lädt einige Auserwählte in sein LED-Kabinett und verteilt Geheimrezepturen zum Löten von Blinkanlagen und Ton-Operatoren. Die performative Sekte Secluded Bronte, von ihren Gründungsmitgliedern Adam und Jonathan Bohman als “Music Theatre from Hell” angepriesen, operiert mit offenen Herzen, Tischen, Stühlen und anderen Lebewesen. Jac Berrocal & David Fenech & Vincent Epplay spielen eine furiose, gänsehautfördernde Mischung aus dubbigem Dunkeljazz, Musique concrète und gallischem Punk. Zum guten Schluss erklingt Das Echo des Tages aus drei Ecken des Raumes, wenn drei DJs gleichzeitig auflegen.
Papiripar findet auch dieses Jahr wieder in den Künstlerhäusern Westwerk und Wendenstraße statt, zwei Veranstaltungsräumen, die auf eine 25-jährige Tradition der Selbstorganisation jenseits etablierter Strukturen zurückblicken können. Mit Barboncino Zwölphi, dem Haupthaar des Golden Pudel Clubs, kommt ein brandneuer Ort als dritte Spielstätte hinzu. Das Festival findet 2019 zum zweiten Mal statt und wird von Florian Bräunlich, Felix Kubin und Nika Son kuratiert.
Auf: www.papiripar.com