Im Jahr 2009 gab die Bürgerschaft der Kulturbehörde den Auftrag, prüfen zu lassen, ob veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auch Veränderungen der Förderung der Stadtteilkultur folgen müssten.
Das Ergebnis der Prüfung bestätigte die Bedeutung und die wichtige Funktion der Stadtteilkulturzentren:
„Die Hamburger Stadtteilkulturzentren üben eine wichtige Funktion aus und haben einen positiven Einfluss auf das Leben in den Quartieren. Sie helfen, das Gemeinwesen in den Stadtteilen zu stärken, heben die Lebensqualität in den Quartieren durch ein vielfältiges und abwechslungsreiches Kulturangebot, sie befördern die Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements, initiieren und unterstützen Integrationsprozesse durch Angebote der kulturellen Bildung, fördern den Kulturnachwuchs und verbessern das Stadtteilimage. Durch ihre vielfältigen Aktivitäten sind die Stadtteilkulturzentren auch zu einem Motor der Stadtteilentwicklung in den Quartieren geworden“ (Zitat Drucksache 19/2347 2009)
Trotz dieser wichtigen Rolle ist die Förderung aus Sicht der Gutachter nicht ausreichend auf die Potenziale der Träger, der Entwicklungsperspektiven und Bedarfe im Sozialraum ausgerichtet und folgt die Budgetsteuerung auf Landesebene eher abstrakten Zahlen (Fläche, Einwohner etc.) als inhaltlichen, im qualitativen Diskurs abgestimmten Perspektiven. Die Zuwendungsverfahren seien stark bürokratisiert, erzeugten einen hohen Prüfaufwand und seien auf Jahresfristen angelegt.
Die Gutachter sehen keine allgemeine Formel für die Bemessung des Förderbedarfs. Sie empfehlen, die Höhe der Förderung jeder Einrichtung weiter am lokalen Struktur- und Förderbedarf auszurichten. Dabei erwarten sie überproportionale Effekte zugunsten der Programmarbeit, wenn mehr Geld für vorhandene Einrichtungen ausgegeben würde und erkennen, eine darüber hinaus gehende Förderung für Stadtteilkultur könne weiße Flecken in der Hamburger Stadtteilkultur schließen helfen (siehe Bericht ICG 2010).
Im anschließenden Prozess des Dialoges mit den beteiligten Zuwendungsgebern und Zuwendungsempfängern, in dem Kritik und Empfehlungen auf Machbarkeit geprüft und erfolgversprechende Ansätze verwirklicht werden sollen, steht aktuell die Novellierung der Globalrichtlinie auf der Tagesordnung, mit der das Fördergeschehen maßgeblich gelenkt wird.
Von Bedeutung wird sein, welche Änderungen die neue Globalrichtlinie und abgeleitete Förderrichtlinien aufweisen werden und wie die angestrebten Neuerungen tatsächlich im alltäglichen Verwaltungshandeln umgesetzt werden können.
Positiv zu vermerken sind aus Sicht der Einrichtungen die Ansätze zur Vereinfachung des Berichtswesens, zu mehr Transparenz über die Entwicklungspotentiale in den Bezirken und mehr Dialog der gestaltenden Partner zu verwirklichen.
Doch wir sehen auch eine Reihe von Problemen:
Weil die stagnierende Förderung bei gleichzeitig steigenden Kosten zu einer existenzbedrohenden Aushöhlung der Stadtteilkultur führt, kann bei allen guten Ansätzen, die im Evaluationsprozess stecken, die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Einrichtungen und die Entwicklung neuer Initiativen nur durch eine deutliche Aufstockung der institutionellen Förderung geschehen.
Eine stagnierende Förderung steht den gestiegenen Anforderungen und Erwartungen an die Zuwendungsnehmer diametral gegenüber.
Die Verwaltung des Mangels bindet Kräfte und erlaubt keine ausreichenden Ressourcen für die Einführung der geforderten neuen dialogischen Verfahren.
Neue Initiativen könnten in dieser Situation nur durch Umverteilung der ohnehin nicht ausreichenden Etats in Schwung gebracht, oder durch Anschubfinanzierungen aus Stadtentwicklungstöpfen kurzfristig befördert werden. Umverteilungen innerhalb des gleichen Etats sind aber nur für den Preis einer Zerstörung vorhandener Infrastrukturen zu haben.
Eine qualitative, partizipative Planung, die Kultur als Querschnittsaufgabe zwischen verschiedenen Behörden und Verwaltungsebenen voranbringt, bleibt damit Zukunftsmusik.
Um diese Probleme in den Griff zu bekommen fordern wir:
- Entwicklungsperspektiven der bestehenden Einrichtungen und neuer Initiativen sichern
Kulturentwicklung wird häufig durch Netzwerke und Kooperationen vorangebracht, deren Dynamik nicht vom grünen Tisch zu planen ist. Kulturförderung braucht Risikokapital für Innovationen, deren Erfolg nicht unbedingt vorhersehbar ist. Kooperationen brauchen Zeit und Entwicklungsraum, Synergien verbessern Qualitäten, sind aber kein probates Mittel der Sparpolitik. - Mehr langfristige Planungssicherheit
Wenn bezirkliche Profile und inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden und dabei Planungszyklen von fünf Jahren eine Rolle spielen, muss Verlässlichkeit herrschen, sobald in den Einrichtungen daraufhin Weichen gestellt und Ressourcen verlagert werden. Jährlichkeit und Haushaltsvorbehalt sind mit den Möglichkeiten zu koppeln, Rückstellungen und Rücklagen flexibel zu handhaben und eine Planung über mehrere Jahre zu ermöglichen. - Abbau komplizierter Verfahren
In der kulturellen Praxis sind vielschichtige Finanzierungskonzepte die Regel. Die verschiedenen Förderrichtlinien und Berichtspflichten dürfen nicht dazu führen, dass Projekte behindert werden, indem die verwaltungsgemäße Abwicklung unnötig Ressourcen bindet. Was gebraucht wird, sind einfache Verfahren und Flexibilität. - Orientierung auf Sozialräume und auf anders gelagerte Kulturräume
Die starke Orientierung auf Sozialräume muss begleitet werden durch Ziele und Konzepte, die gesamtstädtisch wirken und kulturelle Entwicklungen in den Blick nehmen, die sich in der ganzen Stadt auswirken. Dabei geht es um relevante Entwicklungen kultureller Inhalte ebenso wie um kulturelle Netzwerke, die sich jenseits von politischen oder sozialräumlichen Grenzziehungen entwickeln. - Kein Bezirkswirwarr
Die spezifische Dynamik und Entwicklung in einzelnen Bezirken gibt den verschiedenen Stadtbereichen ein individuelles Gesicht, sie darf jedoch nicht zu einer willkürlichen Förderpraxis und unterschiedlichen Entscheidungsmustern je nach politischen Verhältnissen führen.
Vorstand und Geschäftsführung von STADTKULTUR HAMBURG e.V.